Der Alpenstrandläufer – ein Langstreckenzieher mit irreführendem Namen
Vor wenigen Tagen hatte ich das Glück, im Watt vor der Insel Borkum einen Trupp Alpenstrandläufer zu beobachten. Zwischen mehreren Steinwälzern staksten sie flink über den schlammigen Boden, immer auf der Suche nach kleinen Würmern, Krebstierchen und Insektenlarven. Besonders auffällig war ihr schnelles Trippeln – fast so, als würden sie das Watt tänzelnd durchqueren.
Doch woher stammt eigentlich dieser seltsam klingende Name Alpenstrandläufer? Die Bezeichnung ist ein wenig irreführend, denn mit den Alpen hat dieser Vogel herzlich wenig zu tun. Der deutsche Name geht vermutlich auf eine alte Fehlinterpretation oder eine historische Verwechslung zurück. Carl von Linné, der den Arten ihre wissenschaftlichen Bezeichnungen gab, soll diesen Vogel erstmals in den Alpen gesichtet haben. Daher könnte der namentliche Zusammenhang „Alpen“ herstammen. Im Englischen nennt man ihn „Dunlin“ – was sich auf seine dunkle Bauchfärbung im Prachtkleid bezieht (von altenglisch dun = dunkelbraun).
Der Alpenstrandläufer – Ein Vogel aus dem hohen Norden
Der Alpenstrandläufer (Calidris alpina) gehört zur Familie der Schnepfenvögel und ist ein typischer Watvogel. Seine Brutgebiete liegen in den arktischen und subarktischen Zonen – von Skandinavien über Sibirien bis nach Alaska. Einige wenige Paare brüten auch in Moorgebieten Nordskandinaviens.
Im Spätsommer und Herbst zieht er in riesigen Schwärmen an die Küsten Europas, Afrikas und Asiens. Das Wattenmeer ist dabei ein zentrales Rastgebiet. Hier tankt er Energie für den Weiterflug oder verbringt gleich den gesamten Winter.
Erkennungsmerkmale
Der Alpenstrandläufer ist nicht nur ein treuer Gast im Wattenmeer, sondern auch ein Indikator für dessen ökologischen Zustand. Als Nahrungsspezialist ist er auf intakte Wattböden angewiesen. Umweltveränderungen, wie etwa Eindeichung, Verschmutzung oder Störungen durch Tourismus, können seinen Bestand gefährden.
Die Sichtung dieses kleinen, wendigen Zugvogels hat mich erneut daran erinnert, wie wichtig es ist, das Wattenmeer als einzigartigen Lebensraum zu schützen. Der Alpenstrandläufer mag nicht aus den Alpen stammen – aber er bringt ein Stück arktisches Fernweh in unsere norddeutsche Natur.

neben der Brandgans befinden sich Steinwälzer – im Vordergrund zwei Alpenstrandläufer