Wasserralle oder Rallus aquaticus –sie wird der Höhepunkt meines heutigen Ausflugs in die Aue, die schon so etwas wie mein zweites zu Hause geworden ist. Ich stehe auf der kleinen Brücke in der Saarner Aue in Mülheim. Die Enten lauern schon auf Futter, aber damit kann ich heute nicht dienen. Es dauert nicht lange und sie bekommen ihr Frühstück von einem Rentner Ehepaar zugeworfen. Eine junge Frau hat Vogelfutter auf der ausgestreckten Hand und lockt das Rotkehlchen, das auf dem Pflock eines Zaunes sitzt. Tatsächlich ist die Verlockung groß genug und das Vögelchen frisst ihr aus der Hand.
Wasserralle in der Saarner Aue
Ein Fotofreund aus unserem Fotoclub, dem Essener Fototreff, war am gestrigen Tag hier und zeigte mir ein Bild vom Wintergoldhähnchen, das er hier gesehen hätte. Deshalb bin ich eigentlich hier, ich habe noch kein einziges gutes Foto vom dem kleinsten Vogel Deutschlands. Heute soll es etwas werden obwohl, eigentlich kann ich ihn mir an dieser Stelle überhaupt nicht vorstellen. Hier steht kein einziger Nadelbaum und das ist ja nun einmal das bevorzugte Gebiet vom „Goldie“. Aber ich habe ja nicht nur Geduld, sondern auch eine lange Unterhose und dicke Socken an, denn es sind gerade einmal 2 Grad plus.
Plötzlich erscheint sie, völlig unerwartet, aus dem Dickicht an der kleinen Uferböschung. Urplötzlich ist sie da und schreitet gemächlich, gut sichtbar über die Steine und das Laub und sucht nach Fressbarem. Die Wasserralle, nur zwischen 200 und 600 Paare soll es in NRW von diesem wunderbaren Tier geben. Er oder sie ist nicht viel größer als eine Drossel. Wie ich später nachlese gibt es sie in den Rieselfeldern Münster, im Zwillbrocker Venn (dort gibt es sogar Flamingos) und im Lippeland und dem Emscherland. Aber eben auch hier, in der Saarner Aue, was ich natürlich bei ornitho.de melden werde.
Man kann nicht unterscheiden, ob es sich um ein Weibchen oder ein Männchen handelt, sie sind gleich gefärbt. Ins Auge fallen der lange, rötliche Schnabel und die extrem langen Zehen. Der Unterkörper ist gräulich un die Oberseite olivbraun gesprenkelt. Die Querbänder am hellen Bauch grenzen sich deutlich ab, man könnte meinen der Vogel hätte eine Jacke, oder Weste an. Beim Laufen denke ich sofort, er hätte die „Hände in den Taschen“. Natürlich ist das Quatsch, aber es wirkt so. Vielleicht liegt dieser Anschein auch an dem kurzen Schwanz. Interessant ist auch das die Rallen zur Ordnung der Kranichvögel gehören.
Die Familie der Rallen ist mit 134 Arten sogar die größte unter den Kranichvögeln. Rallen erzeugen auf der Suche nach Nahrung auf dem Schlammboden, den Schwimmpflanzen und Blätterteppich, einen regelrechten „Wasserrallenpfad.“ Diese Wechsel werden in der Brutzeit gegenüber Artgenossen vehement verteidigt.
Die Wasserralle und die Baustelle
In Essen hat die Wasserralle eine große Presse bekommen. Seit 2013 soll auf einem Gelände am Borbecker Mühlenbach, im Rahmen der Renaturisierung der Emscher und ihrer Zuläufe, ein Regenrückhaltebecken gebaut werden. Irgendwann hat aber jemand einen Ruf der Wasserralle gehört und weil diese unter besonderem Schutz steht, konnten die Baumaßnahmen nicht durchgeführt werden, obwohl niemand bis dahin die Ralle gesehen hat. Ein Schwein konnte es aber auch nicht gewesen sein. Wieso ein Schwein? Ja tatsächlich klingt der Ruf der Ralle wie das Grunzen oder Quieken eines kleinen Ferkels.
Die Emscher Lippe Genossenschaft baute dem Vogel sogar ein „Ausweichquartier“. Da man aber keinen Bruterfolg im neuen „Revier“ feststellen konnte, blieb es zunächst beim Baustopp. Selbst ein Fernsehsender nahm sich des Thema an und die Anmoderation lautete nach Auskunft der Emscher Lippe Genossenschaft : „Wasserralle will nicht vögeln….“ jetzt, 2019 im Januar, hat die Bezirksregierung allerdings eine Baugenehmigung für das Frühjahr erlaubt, unter der Auflage der Ralle ein zweites Umzugsgebiet zu gestalten und anzubieten.
Wasserralle , der Speiseplan
Insekten, Würmer, kleiner Amphibien, aber auch Pflanzen und Früchte stehen auf dem Speiseplan der Wasserralle. Häufig ist sie in den Morgen und Abendstunden zur Futtersuche unterwegs. Ich konnte erfahren, dass sie häufig die gleichen Nahrungsquellen aufsucht und so regelrechte „Rallenstraßen“ im Schilfgürtel entstehen. Die jungen Rallen verlassen bereits nach fünf Tagen das Nest und laufen hinter den „Alten“ hinterher, wobei sie bereits selbständig nach Futter picken. Wegen des Flaums werden die jungen Küken „Pullis“ genannt.